Waren Sie schon mal in Trance? Wohlmöglich bei der Arbeit? Die erste Frage beantworten viele mit ja (wenn auch oft mit vorgehaltener Hand), die zweite Frage verneinen die meisten Menschen. Aber sie täuschen sich, denn Trance ist ein alltägliches Phänomen. Und das ist gut so.
Zunächst sollten wir mit einigen Vorurteilen aufträumen: Trance gehört nicht vorwiegend in den Bereich des Schamanismus, sondern ist eine ganz normale Kompetenz unseres Bewusstseins. Trance ist auch nicht unbedingt ein Zustand der Entspannung. Es kann auch und gerade durch Anspannung und Bewegung auftreten. Der Hypnotherapeut Gunther Schmidt sieht Ähnlichkeiten zum Flow-Phänomen beim Sport.
Aber warum haben wir dann ein Problem mit Trance? Nun, ich denke, weil wir uns als aufgeklärte Wesen begreifen, die möglichst immer alles kontrollieren wollen. Wir fürchten Trancezustände als Kontrollverlust, als Abgleiten in die Welt des Traums, wenn nicht sogar des Okkulten. „Ich denke, also bin ich“ ist der Leitspruch der Aufklärung und Trance hat nun mal nichts mit Denken zu tun. Oder?
Was die meisten Menschen nicht wissen. Sie erleben täglich mehrfach Trancezustände – ohne es zu wissen. Wer zum Beispiel mit dem Auto auf einer Routinefahrt sich plötzlich wundert, dass er schon so weit ist und sich nicht so recht an die letzten Kilometer erinnern kann, der hat gerade eine Trance erlebt. Gefährlich? Keineswegs, denn unser Gehirn kann beides zugleich, Autofahren und unwillkürlichen Gedanken folgen. Und genau das ist Trance. Schmidt definiert Trance als jeden Zustand unwillkürlichen Erlebens. Dieses ist meist bildhaft-fließend. Es ist eine Schnittstelle zum Unbewussten und verschafft uns damit Zugang zu dem Reichtum all der gesammelten Erfahrungen und deren Verknüpfungen, zu denen unser Bewusstsein keinen direkten Zugriff hat.
Das ist auch und gerade für kreative Prozesse unverzichtbar, was sich experimentell nachweisen lässt. Wer sich Zeit nimmt, Dinge „sacken“ zu lassen, wer sich Freiräume abseits von bewusster Konzentration und freier Assoziation schafft, der tut Gutes für seine Kreativität. Ohne Trance keine Kreativität.
Trance ist somit kein Zustand des Kontrollverlusts, sondern im Gegenteil eine besondere Kompetenz unseres autonomem Kontrollsystems. Und es erweitert das Potential unseres Alltagsbewusstseins enorm. Daher werden Tranceinduktionen auch in Therapie und Coaching mit NLP eingesetzt. Hypnotische Sprachmuster, die eben unwillkürliches Erleben auslösen, sind sehr wirksame Techniken für Veränderungsprozesse. Wichtig dabei: Der Klient bleibt stets Herr der Lage.