Von der Unmöglichkeit, Kreativität zu erzeugen

„Seien Sie kreativ!“ Da kriegt man nun vom Chef dieses Satz um die Ohren gehauen, doch es stellt sich einfach keine Kreativität ein. „Mensch, jetzt lass dir doch mal was einfallen.“ Wenn das so einfach ginge. Wohl jeder hat diese Erfahrung schon einmal gemacht. Da strengt man sich an, zermartert sich den Kopf, aber die guten Einfälle bleiben aus. Kein Wunder, sagen die Experten. Aber wie geht Kreativität?

Ganz besonders spannend wird es, wenn wir versuchen, effektiv kreativ zu sein, d.h. möglichst zielgerichtet und in kurzer Zeit gute Ideen zu produzieren. Kreativität ist aber nichts, was wir auf Abruf und durch intensives Grübeln befördern. Effektivität ist im Gegensatz zu Kreativität immer auf stabile, funktionierende Muster orientiert. Und so landet man beim Grübeln meist auch immer da, wo man schon mal war: bei schon bestehenden, stabilen Mustern oder allenfalls Derivaten davon. Wenn wir wirklich etwas Neues schaffen wollen, müssen wir bestehende Muster stören. Etwas Neues kann immer nur dann entstehen, wenn etwas Altes aufgebrochen wird. Kreativität finden wir demnach nicht auf den ausgetretenen Wegen, sondern abseits der gewohnten Straßen. Wirklich Kreative sind daher oft solche  „Spinner“, die uns in den Dschungel schicken wollen.

Was bedeutet das für unsere Ausgangsfrage? Antwort: Mit unserem strukturierten, willkürlichen Alltagsbewusstsein werden wir kaum kreativ sein. Unsere Ratio hilft uns zwar, Raketen zum Mond zu schießen, und Steuererklärungen zu machen, aber sie ist für kreative Prozesse ein denkbar ungeeignetes Werkzeug. Wenn wir bestehende Strukturen aufbrechen wollen, dann müssen wir bereit sein, uns treiben zu lassen, dem Unwillkürlichen Raum geben. Beim Brainstorming kommen wir dem schon relativ nahe. Aber hier geht es eben auch immer noch um schnelle willkürliche Einfälle in begrenzter Zeit. Verbinden wir das Erleben des Fließens mit dem Unwillkürlichen, so kommen wir in den Bereich des trancehaften Erlebens. Und fragen wir Kreative einmal, wann ihnen die besten Ideen kommen, dann erzählen die einem, dass das meist nicht durch intensives Nachdenken geschieht, sondern so ganz nebenbei in derartigen, trancehaften Phasen des Alltags: Beim Zähneputzen, beim Kochen, beim Abschweifen der Gedanken im Irgendwo. Watson und Crick kam die Idee zur räumlichen Struktur der DNA bei Betrachten einer Wendeltreppe!

Kreativität lässt sich also nicht verordnen. Sie braucht Raum, um sich zu entfalten. Wer kreativ sein will, sollte also tunlichst oft gewohnte Pfade verlassen, den Weg zur Arbeit wechseln, mal mit der linken Hand die Zähneputzen oder … na, da fällt Ihnen bestimmt selbst noch mehr ein. In jedem Fall ist der Blick für das Andere, das Ungewöhnliche fördernd. Verbinden wir diesen Gedanken der individuellen Kreativität mit der Kreativität komplexer sozialer Systeme, öffnen wir ein Fass ganz ungeahnter Möglichkeiten. „Kreativität entsteht durch Diversität“, sagt der Psychologe Peter Kruse: Folgen Sie selbst seinen Gedanken:

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3 Antworten auf „Von der Unmöglichkeit, Kreativität zu erzeugen“

  1. Dass kreative Einfälle nicht erzwungen werden können, ist sicherlich allgemein bekannt. Ebenso die Tatsache, dass gerade die „nicht zielgerichteten Aktivitäten“ hilfreich sind, um Kreativität zu entfalten. Trotzdem gibt es kaum Unternehmen, die ihren Mitarbeitern entsprechende Freiräume bieten oder bereitstellen können. Und solange bleibt das sicher vorhandene kreative Potenzial auch zu einem großen Anteil ungenutzt.

    1. Das ist wohl leider so. Unternehmen wie Google sind da seltene Ausnahmen. Solange ausschließlich Prozessorientierung und -optimierung vorherrschen wird das wohl auch so bleiben. Aber spätestens, wenn es im Getriebe knirscht, sollten die Zeichen erkannt werden. Wer sich veränderten Marktbedingungen anpassen will, muss kreative Freiräume zulassen.

    2. Die Erfahrung in meiner Arbeit als Künstler wie als Trainer und Coach zeigt immer wieder, dass es zwar nicht möglich ist, Kreativität zu erzeugen, wohl aber zuzulassen. Inneren Raum schaffen und sich inspirieren lassen, was ursächlich mit dem Atem zu tun hat und einen Zugang zu unseren kreativen Potenzialen fast auf Abruf ermöglicht 🙂

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