Literaturtipp: „Drive“. Was Motivation ausmacht.

Wie geht Motivation?Geld und Incentives sind keine Faktoren für eche Motivation, sagt der Autor Daniel Pink. Er beschreibt in seinem Buch „Drive“ unsere drei wichtigsten inneren Antreiber. 

Im Herbst 2008 platzte nach der Lehman-Pleite eine riesige Finanzblase, dessen maßgebliche Triebfeder das System „Carrots and Sticks“ war. Angelockt von kurzfristig hohen Boni hatten seit Mitte der 1990er Jahre Finanzmanager gewinnsüchtigen Anlegern das Blaue vom Himmel versprochen, bis sie von der Realität unweigerlich eingeholt wurden. Sieben Jahre zuvor war schon die Dot-om-Blase geplatzt und hatte nicht nur hoffnungsvolle Startups in den Abgrund gerissen, sondern die sie finanzierenden Risikokapitalgeber gleich mit.

So kam Daniel Pink mit seinen Bestseller 2009 gerade recht. Sein Buch „Drive“ handelt zwar vor allem von Motivation, aber er liefert auch die Erklärung dafür, warum wir das bisherige Betriebssystem unserer Wirtschaft einer gründlichen Überprüfung unterziehen sollten. Denn das alte Geschäftsmodell, das Pink Motivation 2.0 nennt, ist eine auf Zuckerbrot und Peitsche basierende Strategie der Leistungssteigerung, die im 21. Jahrhundert ein Auslaufmodell geworden ist. Incentives, Boni und andere extrinsische Leistungsanreize funktionieren für die meisten Tätigkeiten nicht mehr – ja, mehr noch, sie richten großen Schaden an. Der Autor weist nach, wie Belohnungssysteme Kreativität zerstören, den Blick verengen, kurzfristige Sichtweisen gegenüber weitsichtigen Perspektiven fördern und zudem ein Klima eher destruktive Konkurrenz schaffen. Dan Pink vertritt hier aber keine neue Philosophie, sondern unterlegt seine Aussagen mit zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen, die sehr profund zeigen, dass schon bei rudimentär kognitiven Tätigkeiten Belohnungsmodelle versagen, ja sogar oft zu schlechteren Leistungen führen.

Uns so ist es nur logisch, dass Pink ein Upgrade zur Version Motivation 3.0 fordert. Die baut auf der Erkenntnis auf, dass die wahre Motivation von Innen kommt. Dies wissen wir eigentlich schon seit den 1950er Jahren, aber die Wirtschaft hat es geflissentlich ignoriert. Und so ist die Botschaft in „Drive“ nicht neu, trifft aber den Nerv eines Wirtschaftssystems, das seine Grenzen erreicht, wenn nicht schon überschritten hat. Kernelemente des Upgrades sind die beiden Grundantriebe des Menschen, Selbstbestimmung und Bindung. Und damit hat Pink aus der verhaltenspsychologischen Literatur  das herausgefiltert, was auch Neurobiologen wie der Göttinger Gehirnforscher Gerald Hüther als zentrale Bedürfnisse des Menschen bestätigen.

Menschen haben ein angeborenes Bedürfnis, über sich selbst hinauszuwachsen und dabei mit anderen zu kooperieren. Letzteres kommt dann allerdings in Pinks Motivations-Konzept etwas zu kurz. Die drei Kernelemente seines Konzeptes sind Selbstbestimmung (Autonomy) , Perfektion (Mastery) und Sinnerfüllung (Purpose). Die soziale Komponente fehlt hier. Hüther hingegen sieht das menschliche Gehirn als soziales Konstrukt und stellt dem Bedürfnis, über sich hinauszu achsen das Bedürfnis nach Bindung an die Seite. Vielleicht schimmern hier auch unterschiedliche kulturelle Traditionen durch. Pink ist Amerikaner, Hüther Europäer.

Abgesehen von diesem Unterschied deckt sich Pinks Ansatz allerdings wunderbar mit den Schlussfolgerungen von Neurowissenschaftlern zum Thema Motivation. Und Pink bringt zahlreiche Beispiele, bei denen Motivation 3.0 bereits funktioniert. „Drive“ ist erfrischend engagiert geschrieben,  mit Belegen und Beispielen angereichert und ist daher sehr überzeugend. Dabei kommt der Autor aber nicht als  schwarz-weiß-Maler daher, sondern differenziert, zweigt auch Bereiche auf, in denen Belohnungssysteme nach wie vor gut funktionieren.

„Drive“ ist auch ein programmatisches Werk, ein Appell, unser Geschäftsmodell zu überarbeiten und endlich das Upgrade zu installieren. Na, denn. An die Arbeit.

Daniel Pink (2010): Drive – Was Sie wirklich motiviert. Ecowin-Verlag, 240 S.

 

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