Wenn Sie mich fragen, ob ich noch recht ticke, wenn ich nun über Strategien vom Coach zum Unternehmer schreibe, dann haben Sie vielleicht Recht. Nicht schlau, potentieller Konkurrenz auch noch Tipps zu geben, oder? Oder doch? Also zuerst ein Tipp vorweg: Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, sich zukünftig Coach zu nennen, dann lassen Sie das lieber, denn Sie tummeln sich unter mehr als 35.000 Gleichgesinnten, vom Executive-Coach bis zum Hundecoach. Die wenigsten sind ausreichend qualifiziert.
Rechnen wir das mal auf die Gesamtbevölkerung von etwa 80 Millionen um, so kommen wir auf einen Coach pro 2300 Einwohner. Und nehmen wir einmal an, Sie kämen auf die unglaubliche Zahl von drei Klienten pro Tag, die je 5 Sitzungen bei Ihnen buchen. So wären Sie mit 15 Klienten pro Woche fünf Wochen ausgebucht. Urlaub und Feiertage abgezogen, müssten Sie aber Aufträge für 46 Wochen im Jahr haben, also für mehr als das Neunfache. Nicht weniger als 135 Kunden pro Jahr müssten die Schwelle zu Ihrer Coachingpraxis übertreten. Das wäre so ungefähr das Minimum, damit Sie als Selbständiger überleben können. Das wären aber auch knapp 6% der oben erwähnten 2300 Einwohner pro Coach. Jeder siebzehnte Einwohner in Ihrer Umgebung wäre Ihr Kunde. Können Sie mir noch folgen? Ja? Dann weiter: Da Sie nicht nur ein Jahr als Coach überleben wollen, hätten Sie bald Ihr gesamtes Umfeld inklusive Kindern und Greisen gecoacht. Coaching totaaaaal! Also: Lassen Sie es besser mit dem Coaching. Es gibt schon zu viele zweifelhafte Angebote, die sich Coaching nennen, aber letztlich nichts anderes als Beratung mit Ratschlägen anbieten.
Leider macht Matthias Maul in seinem Buch „Vom Coach zum Unternehmer“ diese Rechnung nicht auf. Macht aber nix. Sein Buch ist sicher nur für diejenigen Festentschlossenen gedacht, die wirklich qualifiziert sind und die ernsthaft und professionell Coaching betreiben wollen. Die schätzt der Deutsche Bundesverband Coaching (DBVC) auf etwa 5.000. Wenn Sie zu denen gehören wollen, lesen Sie Mauls Buch. Erwarten Sie aber keinen Ratgeber, der Ihnen den goldenen Weg zum erfolgreichen Coach weist. Diesen Gefallen tut der Autor Ihnen nicht. Stattdessen, ganz Coach, stellt er Ihnen eine Menge Fragen, die zum Nachdenken und zur eigenen Positionierung und Reflexion anregen. Und das ist die große Stärke dieser fast 120 Seiten. Er lädt Sie zu einem 31 Tage-Programm ein, das Ihnen den Start zum professionellen Coach erleichtern soll, angefangen bei Ihrer Vision bis hin zum Marketing. Was dem einen vielleicht als zu lockere Schreibe erscheint, ist für den anderen genau richtig. Die richtigen Fragen durch den Dschungel der Existenzgründung. Wer das Programm konsequent durcharbeitet, hat den Anfang geschafft.
Es müssen dann nur noch die Kunden anklopfen. Doch die kommen, um mit Berthold Brecht zu sprechen, nicht wie das Morgenrot nach durchschlafener Nacht, sondern als Folge von Netzwerken, Netzwerken, Netzwerken. Das ist ein Prozess, der in aller Regel mehrere Jahre dauert und den Sie kaum allein schaffen werden. Gute Beratung in Bezug auf die Finanzierung, Ihre soziale Absicherung, das Marketing und die Gestaltung von Medien wie Website und Flyern ist hier Gold wert. Das kommt mir in Matthias Mauls Buch ein wenig zu kurz. Stellen Sie sich einmal vor, Ihr Grafiker tritt Ihnen plötzlich als Coach gegenüber. „Reden und zuhören kann ich schließlich auch.“ Was sagen Sie ihm dann? Na, klar. Sie empfehlen ihm die Lektüre diesen Blogbeitrags. Danke dafür.
Mathias Maul (2012): Vom Coach zum Unternehmer. Der Praxis-Leitfaden zur erfolgreichen Existenzgründung für Coaches und Berater. Junfermann, 119 Seiten.