Was zeichnet gute Führung aus? Sollen Führer – steuern, lenken, motivieren – oder sollen sie einfach auf die Selbstorganisationskräfte ihres Teams vertrauen? Liest man das jüngste Buch von Cyrus Achouri, dann erscheinen einem diese Fragen schnell absurd. Denn Achouri wirft das klassische Verständnis von Führung über den Haufen.
Der Autor führt den Leser zunächst in die Welt der Systemik ein und weckt ein tieferes Verständnis davon, wie selbstorganisierte Systeme funktionieren. Dabei verschwimmt die Grenze zwischen Natur- und Sozialwissenschaft. Er räumt mit den hergebrachten Paradigmen des Darwinismus ebenso auf wie mit dem Bild des Homo oeconomicus. Sein Fazit: Komplexe, lernende Systeme lassen sich nicht lenken wie Fahrzeuge, Menschen sind weder determinierbare noch nutzenmaximierende Wesen. Und daher gibt es zum Unternehmenserfolg auch keinen berechenbaren Fahrplan, den ein begnadeter Manager nur finden müsste.
Wer in diesem Buch einen klassischen Ratgeber sucht, wird daher enttäuscht. Eine Anleitung zu guter Führung würde dem Geist des Buches widersprechen. Denn Führung im Kontext von komplexen, ja bisweilen chaotischen Systemen ist anders. Achouri unterscheidet nicht zwischen Leadership, Führung und Management, ja er hadert schon mit dem Begriff „Führung“ an sich, was bereits im Titel zum Ausdruck kommt. Er redet aber auch nicht dem Laisse faire das Wort. Für ihn ist ein guter Führer ein Coach und Supervisor, der die Selbstorganisation seines Unternehmens zielgerichtet fördert, neue Möglichkeiten schafft, Diversität und Kreativität vorantreibt. Was fast wie eine theoretische Abhandlung beginnt – ja, das Buch ist anspruchsvoll – wendet sich zum Schluss doch noch in einen 30-Punkte Plan systemsicher Führung. Ein bisschen derselben muss halt schon sein.
Mein Fazit: Sehr lesenswert. Keine leichte Kost, aber kompakt, trifft den Zahn der Zeit und hat die Chance, das Denken über Führung nachhaltig zu verändern.
Achouri, Cyrus (2011): Wenn Sie wollen, nennen Sie es Führung. Systemisches Management im 21. Jahrhundert. 1. Aufl. Offenbach am Main: GABAL Verl.