Personalentwicklung in Unternehmen und Organisationen beruht oft noch auf der einfachen Vorstellung, Menschen ließen sich steuern wie Maschinen. Diesem Verständnis folgend sagte mir ein Beraterkollege einmal, er verstehe sich als Sozialingenieur. Doch dieses Bild der Personalentwicklung stammt aus dem Maschinenzeitalter und wankt inzwischen gewaltig. Gut so.
Früher wurde in Unternehmen geschult, später dann gefördert – aber beides oft mit zweifelhaftem Erfolg. Und so ist die Personalentwicklung in vielen Unternehmen immer noch das Stiefkind. Es ist „nice to have“, aber in Krisenzeiten der erste Bereich, der weggespart wird. Da wir inzwischen aus der psychologischen und neurobiologischen Forschung ausreichend gut wissen, wie die menschliche Verhaltenssteuerung funktioniert, kennen wir nun auch auch die Anknüpfungspunkte, wo effektive Personalentwicklung ansetzen kann.
Das erfordert aber ein Umdenken in unserem klassischen Verständnis von Lernen, das immer noch sehr stark an der Vorstellung des sogenannten Nürnberger Trichters orientiert ist: Man befüllt Mitarbeiter mit Zielvorgaben, Kenntnissen und Appellen und hofft darauf, dass dieser Impuls in die gewünschte Richtung wirkt. Das funktioniert aber nur in seltenen Fällen wirklich effektiv. Man kann es auch mit Konditionierung über gezieltes Lob oder eben mit Bestrafung probieren. Aber auch das sind bei denkenden Menschen nur wenig oder allenfalls kurzzeitig funktionierende Methoden. Mehr noch: es ist eigentlich eine Beleidigung unserer Potentiale. Im Beitrag „Motivation unmöglich“ hatte ich das schon näher ausgeführt.
Wie kann es besser gehen? Effektives Lernen ist in unserem Gehirn unmittelbar mit dem Gefühl von Glück verknüpft. Es ist das Glücksgefühl nach einer bewältigten Herausforderung, das unsere Synapsenneubildung und-verstärkung fördert. Der Wunsch zu Lernen ist ein primär menschliches Bedürfnis. Und es wird viel mehr durch praktische Erfahrung als durch Vermittlung von Wissen gemehrt. Und das Lebenslang. Über uns hinauszuwachsen, unsere Potentiale zu entwickeln, ist menschlicher Lebenszweck. Und gerade deshalb sollten Firmen in der Personalentwicklung eben nicht so sehr fördern und steuern, sondern eher Mitarbeiter „wiedererwecken“, wie der Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther sagt. Wir haben nämlich durch die Ausgestaltung unseres Bildungssystems oft verlernt, unsere Potentiale zu entfalten.
Personalentwicklung wird damit zu mehr als einem Maßnahmenkatalog, es ist nach diesem Verständnis eine Managementmethode, eine Führungstechnik, die Mitarbeiter als autonom denkende und handelnde Subjekte ansieht und deren Potentialentwicklung in den Vordergrund stellt. Es geht nicht mehr darum, menschliche Ressourcen möglichst optimal auszubeuten, sondern um eine völlig neue Sichtweise von „Human Capital“. Hüther führt dies in einem Interview mit Nicole Bußmann von der Zeitschrift managerSeminare aus.