Kann man eigentlich Schubadendenken mit Schubladendenken bekämpfen? Sollte man Ressentiments mit Ressentiments begegnen? Ist es hilfreich, Beschimpfungen mit Beschimpfungen zu kontern? Kann man alles tun. Aber man sollte nicht glauben, vermeintlicher Dummheit damit Intelligenz entgegen zu setzen.
In den Wochen vor Weihnachten konnte man wieder mal das sogenannte Tante-Hilde Prinzip beobachten, wie der Philosoph und Querdenker Matthias Varga von Kibed das mal witzelnd beschrieben hat. „Ich verachte kompromisslos jede Art von Dogmatismus!“ Ausgerechnet vor dem Fest der Liebe tut sich ausgehend von Dresden eine Bewegung auf, die vorgibt, die christlich-jüdischen Werte des Abendlandes zu verteidigen. Nach den Attentaten von Paris, erhält diese Bewegung Zulauf. Sie bedient sich aber Statements, die mich fragen lassen, wie weit es denn mit diesen christlichen Werten eben bei dieser Bewegung bestellt ist. Da werden Flüchtlinge in Gute und Schlechte zerlegt, die Islamisierung Europas beschworen – ausgerechnet in Sachsen, wo sich der Anteil von Muslimen unter einem Prozent liegt. Da wird Integrationszwang von Ausländern gefordert. Prima. Ich frage mich nur, wo da die Forderung für Integrationszwang für randalierende germanische Hooligans, lechzende deutsche Pädophile oder abzockende alemannische Heuschrecken bleibt?
An dieser Stelle könnte man einen Diskurs starten, was eigentlich Integration bedeutet, was Flüchtlinge bewegt, was die Ängste der Wutbürger auslöst und wie man hier Kommunikation beginnen kann. Man könnte. Aber nun betritt die Political Correctness die Bühne. Und siehe da, Es wird vereinfacht, stigmatisiert, diffamiert. Da werden Fragen für dumm erklärt, besorgte Bürger zu verkappten Nazis gestempelt, Menschen zu Abschaum degradiert. Die Muster gleichen sich. Beides scheint mir von einer Geisteshaltung geprägt zu sein, die sich in der Tat mit christlich-abendländischen Werten nicht vereinbar ist. Weihnachten wäre ja mal wieder eine Gelegenheit gewesen, vor allem sich selbst an die Nase zu fassen. Theoretisch. Aber die ethischen Ansprüche gelten ja vorwiegend für, oder besser gesagt, gegen die Anderen. Doch Meinungsfreiheit bedeutet, uns das anhören zu müssen, was wir nicht hören wollen.
Latenter Rassismus ist kein Problem, sondern ein Symptom für archaische Ängste. Zum Problem wird er erst, wenn man das Symptom ignoriert, anstatt darüber zu reden. Dazu gehört auch, über eigene Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen und die Gefühle und Bedürfnisse anderer wahrzunehmen. Und bedeutet auch, nicht übereinander, sondern miteinander zu sprechen. Tut man das nicht, werden aus Ressentiments offene oder verdeckte Diskriminierung oder gar Gewalt.
Die Welt ist nicht einfach und nicht banal. Sie ist manchmal kompliziert und wird zunehmend komplex und damit auch zunehmend vernetzt und vielfarbig. Viele Menschen können das nicht ertragen. Andere meinen resigniert, man müsse das halt ertragen. Nein, es kommt im Gegenteil darauf an, diese Diversität zu erkunden, sie zu verstehen und vor allem zu leben. Sie bietet uns so viele Chancen im friedlichen Zusammenleben, wie wir noch nie hatten. Diskriminierung, Vereinfachung und Generalisierung wirken dem aber entgegen. Wir brauchen keine Mauern gegen den Wind, sondern Windmühlen, um den Wind zu nutzen. Wir brauchen weder einfache Antworten noch Political Correctness. Wir brauchen einen Diskurs über das, was Menschen bewegt. Und das wird uns nicht immer gefallen. Aber Freiheit ist die Verpflichtung mir etwas anzuhören, was ich nicht hören mag, hat irgendein kluger Kopf mal gesagt. Reden hilft, nicht nur im Coaching. Nur denjenigen die uns den Mund verbieten wollen, sollten wir entschlossen entgegentreten.
Gehen Sie mutig ins Jahr 2015. Reden Sie, streiten Sie und genießen Sie die Vielfalt, die uns diese Welt bietet. Und wenn Sie mal mit sich hadern sollten …. na, Sie wissens schon. Meine Telefonnummer finden Sie ja rechts oben.