Konflikte erzeugen in uns meist unangenehme Gefühle und sehr oft sind wir unter der Wirkung unserer Enttäuschung, unseres Ärgers und unserer Wut nicht mehr in der Lage, Weg der Klärung und der Lösung wahrzunehmen. Dann hilft Mediation – oder der mediative Dialog.
Ein alter Indianer saß mit seinem Enkelsohn am Lagerfeuer. Es war schon dunkel geworden und das Feuer knackte, während die Flammen in den Himmel züngelten. Der Alte sagte nach einer Weile des Schweigens: „Weißt du, wie ich mich manchmal fühle? Es ist, als ob da zwei Wölfe in meinem Herzen miteinander kämpfen würden. Einer der beiden ist rachsüchtig, aggressiv und grausam. Der andere hingegen ist liebevoll, sanft und mitfühlend.“ „Welcher der beiden wird den Kampf um dein Herz gewinnen?“ fragte der Junge. „Der Wolf, den ich füttere,“ antwortete der Alte.
Soweit eine alte Geschichte aus Amerika. Welchen Wolf füttern Sie in Konflikten? Den rachsüchtiigen? Den liebevollen? Sicher, es ist nicht leicht, den liebevollen Wolf zu füttern, wenn Wut und Ärger dominieren. Auch diese Gefühle brauchen Raum, sie sind nicht verhandelbar. Dann ist es hilfreich, einen mediativen Dialog zu beginnen.
Was ist der Unterschied zwischen Mediation und mediativem Dialog?
Mediation braucht einen dritten, allparteilichen Mediator oder Mediatorin. Im mediativen Dialog kommunizieren wir mit Mediationskompetenz – ohne Mediator.
Mediation und mediativer Dialog brauchen vor allem eines: Ein offenes Herz. Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht und gerade wenn wir diese nicht erkennen können, lohnt es sich nachzuforschen. Dabei sollte es immer um die Bedürfnisse und Interessen gehen, die hinter dem „schwierigen“ Verhalten stehen. Was ist dem Konfliktpartner wohl wichtig? Welches Bedürfnis könnte sein/ihr Verhalten erklären. Vermutungen sind erlaubt, Nachfragen ist noch besser.
Oft haben wir eine spontane Idee, warum unser Partner sich auf eine bestimmte Weise verhält. Und wenn diese Vermutung mit unseren eigenen Sichtweisen und Erwartungen nicht im Einklang steht, dann erzeugt das in uns negative Gefühle. Diese erzeugen wir allerdings selbst, auch wenn wir das meist nicht so sehen können. Nicht der andere ist „schuld“, sondern der andere löst in uns etwas aus, das wir dann zu Enttäuschung, Ärger oder Wut machen. Gewiss, nicht leicht, das so zu akzeptieren. Vor allem beraubt es uns dem moralisch erhabenen Gefühl, einfach nur Opfer zu sein. Überwinden wir aber dieses innere Kind und reagieren als erwachsener Mensch, dann bieten sich uns viel mehr Möglichkeiten der Klärung.
Mediation als Kommunikationskompetenz
Im empathischen Zuhören liegt der Zauber des Verstehens. Marshall Rosenberg hat das im Konzept seiner Gewaltfreien Kommunikation eingehend beschrieben. Er eröffnet uns die Welt des/der anderen und damit wird es möglich, Brücken der Verständigung zu bauen. Wir können dann noch einen Schritt weiter gehen und schon den Blick nach vorn richten: „Was genau wäre in dieser Situation für Sie wichtig?“ „Welche Lösungen kämen denn in Frage?“ Der Managementphilosoph Otto Scharmer („Theory U“) nennt es das generative Zuhören. Das ist gewissermaßen unser kreatives und lösungsorientiertes Ohr. Das Ohr, das bereits die Zukunft hört, während wir noch im hier und jetzt verweilen.
Aber es geht ja in Konflikten und einer Mediation nicht nur um den Anderen, sondern auch um uns selbst. Richten wir also unser empathisches Ohr auch nach innen und führen den inneren Dialog. Welches Gefühl oder welche Gefühle machen sich da bemerkbar? Welcher Wolf in uns ist da aktiv? Und welchen Wolf wollen wir gern füttern?
Die Fähigkeiten des empathischen und generativen Zuhörens in der Mediation habe ich übrigens selten so in Reinform erlebt wie bei der Mediatorin und wunderbaren Kollegin Anita von Hertel. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, das selbst zu genießen. Und bin sehr dankbar dafür.
Ach, und wenn Sie einmal professionelle Begleitung bei einem mediativen Dialog benötigen, dann gern Kontakt aufnehmen.
Literatur:
Hertel, Anita von (2013): Professionelle Konfliktlösung. Führen mit Mediationskompetenz. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Campus.
Rosenberg, Marshall B.; Holler, Ingrid (2016): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens ; 12. Aufl., Paderborn: Junfermann.
Scharmer, Claus Otto (2013): Theorie U – von der Zukunft her führen. Presencing als soziale Technik ; [Öffnung des Denkens, Öffnung des Fühlens, Öffnung des Willens]. 3. Aufl. Heidelberg: Auer (Management).